Zauberei, Humor und Liebe – ich bin auch hier ein „Fangirl“.
Im Grunde genommen ist „Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow“ von Rainbow Rowell nichts weiter als Fanfiction. Doch von „nichts weiter als“ kann hier eigentlich nicht die Rede sein. Zumal Fanfiction an sich auch eine sehr legitime Daseinsberechtigung hat. Rainbow Rowell hat in „Fangirl“ den Grundstein für dieses Buch gelegt, denn darin schreibt Cath Fanfiction zu „Simon Snow“. Die Geschichte existiert also bereits in einem gewissen Rahmen, allerdings nur in Bruchstücken und Andeutungen. Mit diesem Buch hat die Autorin dieses Universum aber zum Leben erweckt – zum Glück! Denn ich bin in dieses Buch mindestens ebenso verliebt wie in „Fangirl“.
Von einem Vergleich mit Harry Potter möchte ich in meiner Rezension bewusst Abstand nehmen. Zwar haben beide Geschichten vieles gemeinsam – und beide begeistern mich sehr – doch die Art, in der Rowell von Simon Snow erzählt, unterscheidet sich immens von Joanne K. Rowling’s Werken. Was ich bei „Auftieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow“ in erster Linie mag, ist das Konzept. Es ist eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Während des Lesen war ich also nicht nur bei Simon und Baz, sondern auch irgendwie wieder bei Cath aus „Fangirl“ in ihrem Collegezimmer. Alle Ebenen verschmolzen so einzigartig miteinander, dass ich noch immer ziemlich hingerissen bin. Meiner Meinung nach könnten das ruhig mehr Autoren so handhaben: Eine Buchwelt entsteht aus einer Buchwelt – das ist klasse.
Weiterhin hätten wir da Simon und Baz sowie Penelope. Was für Charaktere! Ich liebe Simon und Baz, diese beiden Streithähne. Ihr Umgang miteinander ist schlicht umwerfend komisch. Nimmt man dann noch Penelope hinzu, ergibt das ein köstliches humoristisches Dreiergespann. Dabei greift Rainbow Rowell aber zu keiner Zeit zu platten Witzen, sondern setzt auf feinsinnigen Wortwitz sowie Sarkasmus. Sie kabbeln sich und streiten miteinander, als gäbe es kein Morgen.
„Ich dachte, deine Eltern hassen die Pitches“, sage ich.
Sie sehen mich an, als hätte ich eben mit der Hand in die Suppenschüssel gefasst.
„Das ist Politik“, sagt Penelope. „Wir reden über Magie.“
„Offensichtlich“, sage ich. „Was dachte ich nur?“
„Offensichtlich“, sagt Baz. „Nichts, wie immer.“ (Seite 247)
Doch auch der Ernst kommt nicht zu kurz. Denn in der Welt der Zauberei passieren mysteriöse Dinge, es droht ein Krieg und nur Simon Snow soll die Lösung dafür sein beziehungsweise diese kennen. Die Welt, die Rainbow Rowell auf die Seiten bringt, ist komplex und voller spannender Details. Der Leser erfährt vor allem über zahlreiche Rückblicke mehr über die Zauberwelt, so dass sich die Fakten harmonisch in die Erzählung einfügen und sie bereichern. Zu Beginn und in der gesamten ersten Hälfte des Buches hält sich die Autorin mit dem Tempo zurück, stattdessen widmet sie sich sehr bewusst der Darstellung der Charaktere – und die ist ihr wirklich gelungen.
Allen voran Simon und Baz, sie sind einfach traumhaft. Simon auf seine leicht tollpatschige und dickköpfige Weise, der Freunde niemals im Stich lässt und trotz aller Vorurteile und Ängste immer offen ist für Neues. Baz, der auf seine grummelige Art äußerst liebenswert ist. Die kluge Penelope, die sagt was sie denkt, und sehr patent versucht, für alle Probleme eine Lösung zu finden. Ich mochte sie alle sehr gerne und empfand sie als sehr eigenständig. Dazu trägt maßgeblich bei, dass sie alle als Erzähler zu Wort kommen. So erhält man als Leser Einblick in ihre jeweilige Gedanken- und Gefühlswelt.
Ich bleibe am Eingangsbogen zum Foyer stehen, stecke meinen Zauberstab in den Ärmel und die Hände in die Taschen. „Snow.“
Sein Kopf fährt hoch. „Baz.“
„Ich versuche mir vorzustellen, was du hier willst. Bist du einen steilen Hügel runtergerollt und hier gelandet?“ (Seite 291)
Apropos Gefühlswelt. (Achtung, Spoiler!) Wer „Fangirl“ gelesen hat, weiß auch, dass Simon und Baz sich in der Fanfiction-Geschichte von Cath ineinander verlieben. Diese Liebesgeschichte hat die Autorin wunderbar sensibel und authentisch in Worte gefasst. Es wirkt weder zu steif, noch zu gewollt, sondern einfach nur liebevoll und echt und unglaublich süß. (Spoiler Ende)
Ob sich Simon Snow als eigenständige Geschichte lesen lässt? Unbedingt! Da ich „Fangirl“ jedoch schon zuvor gelesen hatte, würde ich diese Reihenfolge auch empfehlen.
Fazit
„Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow“ ist sowohl als eigenständiges Werk als auch in Kombination mit „Fangirl“ eine süße und spannende Geschichte. Es fehlte mir an nichts, im Gegenteil. Ich sprudelte beim Lesen förmlich über vor Lachen und Freude und Glücksgefühlen. Hinzu kommt eine faszinierende Welt der Zauberei. Eine absolute Empfehlung für jüngere, aber auch ältere Leser, die sich gerne verzaubern lassen möchten.
♥ ♥ ♥ ♥ ♥
Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow
Simon Snow ist der mächtigste Zauberer, den die Welt der Magie je hervorgebracht hat. Wäre da nur nicht die Tatsache, dass Simon völlig unfähig ist, seine magischen Kräfte zu steuern. Aber dafür ist ja Watford da, das Zaubererinternat. Für Simons Zimmergenossen Baz – Vampir aus angesehener Familie und Simon in freundlichem Hass zugetan – ist er, der Auserwählte, eine wahre Fehlbesetzung. Am liebsten würde Baz den Magie sprühenden Simon mit seinen spitzen Zähnen ein für alle Mal erledigen. Doch dazu kommt es nicht, vorerst zumindest. Denn die verfeindeten Jungs tun sich zusammen, um gemeinsam mit ihrer blitzgescheiten Schulkameradin Penelope den Mord an Baz‘ Mutter aufzuklären. Für Simon beginnt eine Achterbahn der Gefühle. Und die Welt der Zauberer steht fortan nicht nur in Liebesdingen kopf.
Verlag und Copyright: dtv Verlag (Reihe Hanser)
Preis: 19.95 Euro
Format: Hardcover
ISBN: 978-3-423-64032-9
Erschienen: 4. August 2017
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Über Rainbow Rowell
Rainbow Rowell studierte Journalismus an der University of Nebraska-Lincoln und arbeitete danach mehrere Jahre als Kolumnistin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen im Bundesstaat Nebraska. Sie schreibt Jugendliteratur und Romane für Erwachsene.
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