Das Haus Magnalia galt als Bildungsanstalt, in der wohlhabende begabte Mädchen ihre Passion meisterten. (Seite 17)
„Die fünf Gaben (Valenias Töchter 1)“ von Rebecca Ross ist ein Fantasyroman für Jugendliche ab 14 Jahren und erfüllt sämtliche Erwartungen an dieses Genre. Leider, muss ich ergänzen, denn ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin hier und da mit den Erwartungen bricht, überrascht und mich auf eine unbekannte Reise mitnimmt. So ist die Geschichte solide und durchaus spannend und schön zu lesen, bietet mir aber nichts Neues. Darüber hinaus gibt es weitere Aspekte, die mich etwas störten, auf die ich in meiner Rezension zu sprechen kommen werde.
Allem voran: Brauchen wir wirklich noch eine Geschichte, in der sich Frauen in fünf sogenannten Passionen ausbilden lassen, um anschließend einen Gönner zu finden? Gut, die Gönner können sowohl männlich als auch weiblich sein, doch die Passionen entsprechen sehr einem überholten Rollenbild von Frauen. So werden die jungen Mädchen je nach Gabe in diesen Passionen unterrichtet: Kunst, Musik, Schauspiel, Esprit oder Wissen. Wissen wäre noch die emanzipierteste Passion, da es hier darum geht, sich in verschiedensten Fachrichtungen weiterzubilden, wie zum Beispiel Medizin oder Geschichte. Das Gesamtbild ist mir aber zu einseitig. Brienna wird im Wissen unterrichtet und lernt viel über die Geschichte ihres Landes, Valenia. Dabei stößt sie auf ein großes Unrecht, dass dem Nachbarkönigreich Maveana widerfahren ist.
Ich achtete auf meinen Gang, während mein Kleid wie ein Hauch über den Rasen wehte und meine Kindheit mit sich nahm. Auf diese Nacht hatte ich mich jahrelang vorbereitet, dachte ich und atmete den Sommerduft ein. (Seite 122)
An dieser Stelle gibt es in „Die fünf Gaben“ einen positiveren Twist, denn in Maevana waren es ursprünglich stets die Frauen, die als Königinnen auf dem Thron saßen und das Land regierten. Bis es zu einem Krieg kam, in dessen Folge ein Mann zum König ernannt und mögliche Thronfolgerinnen getötet wurden. Dieses Unrecht gilt es wieder ungeschehen zu machen und Brienna findet sich mittendrin, da sie eine wichtige Schlüsselfunktion innehat. Diese Entwicklung hat mir gut gefallen, da der Fokus von der Ausbildung weg, hin zu einer starken Protagonistin geht. Brienna steht im Rest des Buches mutig für das ein, woran sie glaubt und fürchtet keine der vielen Gefahren.
Allerdings konnte mich diese Entwicklung nicht immer vollständig überzeugen, da sie teils zu oberflächlich dargestellt wurde. Das möchte ich an einem Beispiel kurz erläutern: Brienna muss nicht nur in kürzester Zeit sehr viel Neues über Maevana und die Geschichte des Landes lernen, sie befindet sich zudem in völlig neuer Gesellschaft – und zwar in der ihres Gönners und seiner Familie. Diese Familie spielt eine zentrale Rolle und Brienna nimmt die Zielen der Familie sehr schnell und bedingungslos als ihre eigenen an. Sie vertraut ihrem Gönner, der sie als Tochter adoptiert, in kürzester Zeit, ohne ihn wirklich zu kennen und sie fühlt sich ihrem „Vater“ verbunden, als wäre er ihr leiblicher Vater. Für mich herrschte nicht genügend Raum, in dem diese starke Verbindung sich hätte entwickeln können.
„Das ist eine lange Geschichte“, sagte ich lächelnd. Eines Tages, dachte ich, werde ich niederschreiben, wie sich alles zugetragen hat. (Seite 433)
Dieser Eindruck von Oberflächlichkeit zieht sich bis zum Ende des Buches weiter. Brienna war mir als Protagonistin zu farblos, ihre Ängste berührten mich kaum, gleiches gilt für ihre übrigen Gedanken. Teils kann ich das auf den Schreibstil zurückführen, der wenig auffällig ist und selten durch besondere Ausdrücke oder Bilder hervorsticht. Dadurch fehlt es der Gedanken- und Gefühlswelt von Brienna leider oft an Schärfe und Individualität. Der Vorteil des Schreibstils: Das Buch liest sich wahnsinnig schnell und flüssig.
Abseits der Kritikpunkte, die selbstverständlich sehr persönlicher Natur sind, gibt es natürlich auch einige positive Aspekte. Was mir extrem gut gefiel war, dass in „Die fünf Gaben“ keine Liebesgeschichte im Mittelpunkt steht. Sie wird in vielen Momenten angedeutet, doch sie nimmt niemals so viel Raum ein, als dass alle anderen Handlungen daneben verblassen. Auch war die Liebesgeschichte realistisch und nachvollziehbar. Das Abenteuer ist für sich genommen ebenfalls gut. Magie, Königreiche, Könige und Königinnen, Legenden, Kriege und Aufstände. Eine tolle Mischung, aus der Rebecca Ross meiner Meinung nach schlicht noch mehr hätte herausholen können.
Fazit
„Die fünf Gaben (Valenias Töchter 1)“ von Rebecca Ross ist ein Fantasyroman, der sich auf vertrautem Terrain bewegt. Er bot für meinen Geschmack zu wenig Überraschendes, durch das sich mir die Geschichte um Brienna ins Gedächtnis brennen könnte. Auch die Darstellung der Frauen, die eine von fünf Passionen lernen, um anschließend von einem Gönner auserwählt zu werden, hatte für mich leider einen faden Beigeschmack. Insgesamt aber ist es für junge Leser eine spannende Geschichte, ein Abenteuer, das sich gut lesen lässt und unterhaltsame Stunden bescheren kann.
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Die fünf Gaben (Valenias Töchter 1)
Wie jedes Mädchen im Haus Magnalia fiebert Brienna der Sommersonnenwende entgegen. Denn dann wird sie zur Berufenen erklärt und kann ein neues Leben bei einem Gönner beginnen. Sie lässt sich auf das Angebot eines Lords aus dem Norden ein, auch wenn sie dafür schweren Herzens von ihrem Lehrer, Master Cartier, Abschied nehmen muss. Kaum ist sie jedoch im Reich Maevana angekommen, steht mehr als ihr Glück auf dem Spiel: Mit ihrer besonderen Gabe soll sie den König stürzen und somit ihre Vorfahren verraten. Als sie Cartier schließlich wiederbegegnet, muss sie sich entscheiden, ob sie ihrer Familie oder ihrem Herzen die Treue hält.
Dies ist der erste Band der „Valenias Töchter“-Trilogie.
Über Rebecca Ross
Seit Rebecca Ross im zarten Alter von sechs Jahren eine Nacherzählung von »Die Schöne und das Biest« zu Papier brachte, ist Schreiben ihre große Leidenschaft. Nach einem kurzen Ausflug in die Ernährungswissenschaften studierte sie wieder Englisch und widmet sich heute ausschließlich ihren Geschichten.
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Verlagsinfos zum Buch
Verlag (Copyright Cover): Carlsen Verlag
Preis: 19.99 Euro
Format: Hardcover
ISBN: 978-3-551-58363-5
Erschienen: 28. Februar 2018
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Huhu 🙂
Über das Buch stolpert man ja auch an jeder Ecke 🙂
Mich konnte es bisher nicht so wirklich ansprechen, aber so besonders scheint es ja nicht gewesen zu sein 🙂 Also kann ich es guten Gewissens einfach nicht lesen haha
Liebe Grüße 🙂
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Ja, das Buch wurde mit großer Werbekampagne gestreut, daher vermutlich so viele Berichte und Rezensionen dazu 🙂 Ich würde sagen, du kannst es dir sparen, aber es gibt auch sehr überschwängliche Meinungen ☺️
Liebe Grüße,
Anna
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