Vakuum von Antje Wagner | Rezension

Alissa zog ihr Handy heraus. Sie wählte 110.
Nach einer Weile senkte sie das Handy wieder und wählte erneut.
„Was ist los?“, fragte Leon nervös.
„Bei 110 hebt keiner ab.“ (Seite 142)

In diesem Buch eine Pause einlegen? Fehlanzeige. Viel zu spannend ist „Vakuum“ von Antje Wagner. Sie verstrickt Fantasy, Mystery, Horror und Drama in ihrem Jugendbuch – eine überraschend gut funktionierende Mischung. Vor allem, weil die Autorin darüber hinaus nicht vergisst, ein waches Auge auf die komplexen Gefühlswelten ihrer Charaktere zu haben.

Die fünf Jugendlichen Alissa, Leon, Tamara, Hannes und Kora tragen jeder ihr Päckchen mit sich herum, über das sie sich beharrlich ausschweigen. Die Vergangenheit wird fein säuberlich aus ihrem Leben geschnitten. Doch so einfach ist es nicht, denn verdrängte Erfahrungen und Erinnerungen sind starke Treiber, die jeden der Fünf in ihrem Wesen und in ihrem Alltag unbewusst beeinflussen und lenken. Kora zum Beispiel kapselt sich in der Jugendhaft auffallend von allen anderen ab. Hannes muss aus unerfindlichen Gründen jeden Abend zu einer bestimmten Uhrzeit irgendwohin und meidet ebenfalls den Kontakt zu Familie und Freunden. Tamara verliert sich in Klängen und Musik, um den Konflikten mit der Stiefmutter zu entfliehen. Alissa ist innerlich erstarrt, seit sie aus ihrer Heimatstadt weggezogen ist, während ihr Bruder Leon obsessiv fotografiert und verzweifelt ihre Nähe sucht. All dies schildert Antje Wagner äußerst feinsinnig, so dass allein dies mich schon bei der Stange hielt.

Doch dann bleibt plötzlich die Zeit stehen. Alle Menschen und Tiere verschwinden und die Fünf sind auf sich alleine gestellt. Sie finden einander durch unerklärbare Hinweise und Briefe und beginnen mit der Suche nach Antworten, nach Erklärungen für das, was geschehen ist. Warum sind nur sie noch hier? Was hat es mit dem Stillstand der Zeit auf sich?

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Rezension „Gegenspiel“ von Stephan Thome

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© Suhrkamp

„Gegenspiel“ ist die Geschichte von Träumen, Hoffnungen und Enttäuschungen, von Selbsttäuschung, Selbsthass, Zweifeln und Liebe. Es ist die Geschichte einer Frau, die aufbrechen möchte, von einem anderen Leben träumt – jedoch ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben. So strebt Maria in ihrer Heimat Portugal Ziele an, die eigentlich gar nicht ihre sind, sie lebt in der Berliner Hausbesetzerszene, ohne sich dort wohl zu fühlen, sie wird Mutter und Ehefrau, ohne dass es sie erfüllt, und lebt im beschaulichen Bonn, ohne dort sein zu wollen. Doch auch ein später, erneuter Aufbruch nach Berlin bringt nicht die erhoffte Zufriedenheit. Dieses „ohne“ macht einen Großteil der Geschichte aus. „Ich bin hier, weil ich es will“, sagt sie sich immer wieder. Doch Maria ist niemals wirklich glücklich und zufrieden, ganz gleich, was sie tut.

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Was ich gerade lese: „Gegenspiel“ von Stephan Thome

thome_gegenspielDas hier habe ich letzte Woche in meinem Briefkasten entdeckt: „Gegenspiel“ von Stephan Thome. Der Klappentext hat mich zwar nicht direkt überzeugt (verstörende Bücher mag ich selten), doch es soll auch berühren und voller psychologischer Betrachtungen sein – und das wiederum mag ich sehr. Spannend klang es. Und herausfordernd. Also bin ich in die Geschichte eingetaucht, sobald ich mit „Be with me“ durch war. Was für ein Kontrast! 🙂 Der Anfang war mühsam, immer drohte meine Aufmerksamkeit zu schwinden, doch nun bin ich schon halb fertig mit Lesen – fast, ohne es gemerkt zu haben. Gleich geht es weiter, so dass ich euch hoffentlich noch vor meinem Urlaub mehr dazu erzählen kann.

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