In Band 1 der H.O.M.E.-Reihe von Eva Siegmund, „Das Erwachen„, gefielen mir insbesondere das Setting (Berlin im Ausnahmezustand) und die Idee der Simulation. Ein toller und spannender Mix. Auch die Figuren, allen voran Zoë und Kip, waren glaubwürdig und sie trugen die Geschichte gut. Für Band 2 hatte ich mir von den Figuren allerdings eine starke Entwicklung erhofft, denn sie fühlten sich trotz allem stellenweise etwas stereotyp an. Außerdem hatte sich eine Dreiecksgeschichte angedeutet und ich war gespannt, ob die Autorin diesen Weg weiter verfolgen würde oder ob hier mit einer Überraschung zu rechnen sei. Nun kam ich endlich dazu, „H.O.M.E. – Die Mission“ zu lesen und auch wenn mir vieles zusagte, habe ich leider auch ein paar Kritikpunkte.
Die Geschichte ist im Wesentlichen spannend aufgebaut. Der zweite Band setzt mit Zoës Erwachen auf der „Mother“ ein. Als Pilotin fliegt sie ihre Crew zum Planeten Keto, um dort alles für die Ankunft ihrer ehemaligen Ausbilder*innen vorzubereiten. Doch nun, da sie über die Simulation und den wahren Grund für die Mission weiß, ist nichts mehr wie es war. Zoë muss nicht nur alle an sie gestellten Aufgaben erfüllen, sie muss außerdem ihre Crew sicher durch alle Gefahren führen. Ein wahres Weltraumabenteuer, an dem mir insbesondere gefiel, dass Eva Siegmund mit den Erwartungen des Lesers spielt und unerwartete Wendungen eingebaut hat.
Es sah aus, als würde sich die Mother gar nicht bewegen, dabei wusste ich doch, dass sie mit aberwitziger Geschwindigkeit durch den Raum raste. Doch es wirkte, als schwebe sie in einem Meer aus winzigen, brennenden Kerzen. Das Weltall umschloss uns und ich fühlte mich geborgen und unendlich einsam zugleich.
H.O.M.E. – Die Mission, S. 21
Doch waren es teilweise leider genau diese Wendungen, die mich störten. Zwar war die Autorin bei der Erschaffung des Planeten durchaus kreativ, dennoch waren einige Umstände für meinen Geschmack etwas unrealistisch. Um Spoiler zu vermeiden, gehe ich hier nicht ins Detail, doch es geht im weitesten Sinne um die Flora und Fauna von Keto. Ein wenig mehr Fremdartigkeit hätte ich nachvollziehbarer gefunden. Zudem fielen mir hier und da Kleinigkeiten auf, die mir unlogisch erschienen, wie beispielsweise die Glasfront der Mother, die jahrelang allem im Weltraum trotzt, auf Keto jedoch relativ zerbrechlich wirkt. Im Grunde ist dies nicht der Rede wert, dennoch wuchs es zu einem Störfaktor heran.

Haben sich die Figuren weiterentwickelt? Die Figur von Zoë übernimmt in der Fortsetzung mehr Verantwortung. Das tut ihr gut und es zeigt eine neue Facette ihres Charakters. Allerdings hatte ich zunehmend Schwierigkeiten mit ihrem Verhalten. Der Verlauf der Geschichte ist zwar genau darauf ausgelegt, doch viele Gedanken und Gefühle fand ich trotzdem nicht nachvollziehbar. Auch Jonah zeigt sich im Laufe des Romans immer verantwortungsbewusster, doch ist er sehr hin- und hergerissen zwischen seiner Aufgabe und seinen Gefühlen für Zoë. Er zweifelt an ihr und an ihrer Beziehung.
„Du kannst das“, sagte er, und ich nickte abwesend.
H.O.M.E. – Die Mission, S. 167
„Natürlich kann ich das“, presste ich hervor. „Ich bin nicht Kapitän des Schiffs, weil ich so lieb gefragt habe.“
„Ich dachte immer, du hättest dich hochgeschlafen“, gab Jonah zurück.
Einblicke in seine Gedanken erlaubt ein digitales Logbuch, in dem er aus der Ich-Perspektive seine Erlebnisse teilt. Doch was eigentlich eine Bereicherung sein sollte, hatte leider einen gegenteiligen Effekt auf mich. Denn sowohl Zoë als nun auch Jonah denken für meinen Geschmack viel zu sehr über ihre Beziehung nach, als sich den akuten Problemen und Herausforderungen zu stellen. Zudem konnte ich Zoës Gefühle an vielen Stellen einfach nicht ernst nehmen. Sie spricht von Liebe und Vertrauen Jonah gegenüber, missbraucht sein Vertrauen wissentlich, nur um anschließend irritiert darüber zu sein, dass Jonah abweisend reagiert. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Überhaupt rückt die Dreiecksgeschichte zunehmend in den Fokus der Geschichte. Zwar fühlt es sich angesichts der Tatsache, dass Zoë und Jonah einander im echten Leben nie kannten vertretbar an, sollten sie sich auseinanderleben. Doch die Zuneigung zwischen Kip und Zoë fühlt sich nicht bedeutend besser an. Denn anstatt ein starker Gegenpart zu sein, verhält sich Kip nur so, wie Zoë es sich wünscht. Das folgende Zitat zeigt dies sehr deutlich. Gerade für Kip hätte ich mir jedoch mehr Charakter und mehr Eigenständigkeit erhofft.
Dieser Mann war wie ein Sensor für meine Laune und stellte sich ganz selbstverständlich auf meine Bedürfnisse ein, ohne dass ich ihn darum bitten musste. Als wäre es sein natürlichstes Bedürfnis, sich um mich zu kümmern und gut zu mir zu sein.
H.O.M.E. – Die Mission, S. 303
Was ich aber zum Abschluss unbedingt positiv hervorheben möchte, ist der sehr angenehme und bildhafte Schreibstil von Eva Siegmund. Sie hat ein Händchen für Dialoge und beschreibt sowohl die Stimmung als auch die Atmosphäre ausdrucksvoll. Dadurch werden die Mother und Keto beim Lesen lebendig. Auch das Ende und wie Eva Siegmund den Plot aufgelöst hat, gefiel mir gut. Es nimmt alles eine andere Wende, als man es unter Umständen erwartet. Schön gemacht, auch wenn der Weg dorthin für mich etwas steinig war.
„H.O.M.E. – Die Mission“ von Eva Siegmung ist der abenteuerliche Abschluss der H.O.M.E.-Dilogie, die mit einem Leben in einer Simulation ihren Anfang nahm. Band 1 hatte mich begeistert und auch die Fortsetzung hat ihre Stärken. Allerdings waren mir einige Entwicklungen zu unrealistisch. Auch die Entwicklung der Figuren war für mich nicht ganz ausreichend. Insgesamt erfüllte Band 2 demnach zwar nicht ganz meine Erwartungen, doch Dank des überraschenden Endes konnte ich die Dilogie dennoch zufrieden beenden.
H.O.M.E. – Die Mission (H.O.M.E.-Reihe (2)
Verlag: cbt Verlag
Preis: 13.00 Euro
Format: Taschenbuch
ISBN: 978-3-570-31231-5
Erscheinungstermin: 11. März 2019
Klappentext: Es ist so weit. Die Akademie hat Zoë und ihre Crew auf die Mission geschickt, auf die sie so lange und akribisch vorbereitet wurden. Doch die Vorzeichen könnten schlechter nicht sein: Zoë weiß inzwischen, welche finsteren Motive ihre Ausbilder antreiben und wie sehr sie getäuscht wurde. Auch das lange ersehnte Wiedersehen mit Jonah wird von der Anwesenheit seines Rivalen Kip überschattet und als die Crew am Ziel ihrer Mission ankommt, scheint ihr Scheitern vorprogrammiert.
Autor*in: Eva Siegmund, geboren 1983 im Taunus, stellte ihr schriftstellerisches Talent bereits in der 6. Klasse bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb unter Beweis. Nach dem Abitur entschied sie sich zunächst für eine Ausbildung zur Kirchenmalerin und studierte dann Jura an der FU Berlin. Nachdem sie im Lektorat eines Berliner Hörverlags gearbeitet hat, lebt sie heute als Autorin an immer anderen Orten, um Stoff für ihre Geschichten zu sammeln.
Bei diesem Titel handelt es sich um ein Rezensions- bzw. Presseexemplar. Für die Rezension habe ich keine Bezahlung erhalten. Auf meinem Blog findet ihr stets meine unabhängige und persönliche Meinung zu Titeln.