[Rezension] „Splitterherz“ – Band 1 der Trilogie von Bettina Belitz

Bettina Belitz wurde mit „Splitterherz“ völlig unerwartet zu einer neuen Lieblingsautorin von mir. Unerwartet, weil mich dieser erste Band einer Trilogie zu Beginn enttäuschte und mich am Ende absolut in seinen Bann zog. Interesse am Buch hatte ich schon lange, doch der Anreiz es tatsächlich zu kaufen fehlte bislang. Ein Besuch bei einem Bücherflohmarkt änderte dies (zum Glück). Et voilà, hier meine Meinung zum Debütroman von Bettina Belitz.

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Über „Splitterherz“

Es gibt genau einen Grund, warum Elisabeth Sturm nicht mit fliegenden Fahnen vom platten Land zurück nach Köln geht, und dieser Grund heißt Colin. Der arrogante, unnahbare, aber leider auch äußerst faszinierende Colin gibt Ellie ein Rätsel nach dem anderen auf, und obwohl sie sich mit aller Macht dagegen wehrt, kann sie sich seiner Ausstrahlung nicht entziehen.
Bald muss Ellie einsehen, dass Colin viel mehr mit ihrer Familie verbindet, als sie sich je vorstellen könnte. Ihr Vater Leo verbirgt ein Geheimnis, das ihn und Colin zu erbitterten Gegnern macht – und das Ellie in tödliche Gefahr bringt. Dass sie mit ihren seltsamen nächtlichen Träumen den Schlüssel zu dem Rätsel in der Hand hält, begreift Ellie erst, als ihre Gefühle für Colin alles zu zerstören drohen, was sie liebt.

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Verlag und Copyright: script 5
Preis:
 19,90 Euro
Format: Hardcover
ISBN: 978-3-8390-0105-9

Erschienen: Erstmals 2010
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Keine Frage, Mama schien die Natur zu bekommen. Sie blühte sichtlich auf, trotz ihrer dauernden Schlafstörungen. Ich hingegen kam mir ziemlich verwelkt vor und ich sah auch mit Sicherheit so aus. (Seite 163)

Eine Paranormal Romance, die in Köln und vor allem im Westerwald spielt? Das hat mich schon sehr neugierig gemacht, immerhin wohne ich in der Gegend. Auch die Autorin Bettina Belitz kennt sich aus, denn sie lebt im Westerwald. Ich versprach mir auf jeden Fall faszinierende Ortsbeschreibungen und vielleicht sogar das eine oder andere Wiedererkennen. Der Westerwald hat mich atmosphärisch nicht enttäuscht – wilde Regenschauer, stürmische Winde, Gewittergrollen und düstere Wälder zogen sich durch die Seiten und gaben der Geschichte ihr dunkles und schwermütiges Gesicht.

Dennoch konnte mich „Splitterherz“ nicht von Anfang an begeistern, da ich mich mit einigen Dingen nicht anfreunden konnte. Umso faszinierender, wie sich meine Wahrnehmung bis zum Ende komplett ändern konnte. Mein größtes Problem lag darin, dass die ersten zwei-, dreihundert Seiten zu schleppend und zu langatmig waren. Dadurch kam ich trotz interessanter Thematik einfach nicht so recht rein. Zu lange wird offen gelassen, was eigentlich mit Ellie geschieht und welche Rolle Colin dabei spielt, der Junge, der zurückgezogen und einsam im Wald lebt. Die Andeutungen häufen sich, ebenso zahlreiche seltsame Begebenheiten, doch richtig schlüssig wurde es lange nicht.

Zudem verbringt Ellie die gesamte erste Hälfte des Buches damit, an den unmöglichsten Orten und zu jeder Tages- und Nachtzeit einzuschlafen. Vorzugsweise genau dann, wenn es spannend wurde. Man wird als Leser an der langen Leine gehalten und fortwährend in seinen Erwartungen ausgebremst. Irgendwann wurde es nervig und langweilig, da jegliche Erklärungen fehlten und Ellie selbst sich auch nicht im mindesten über ihr Verhalten wunderte. Dennoch blieb ich dran, denn ich wollte wissen, wer Colin ist und was mit Ellie geschieht. Ein Glück, denn auf den letzten Seiten ergab dann alles einen Sinn, die Teile fügten sich zusammen und ich lernte die bedächtige Herangehensweise sehr zu schätzen.

„Splitterherz“ ist vollkommen anders als erwartet. Ich rechnete mit einem vorhersehbaren Jugendbuch nach Schema F und fand mich daher nicht unmittelbar in der Geschichte zurecht. Belitz überrascht hingegen mit ernstem Ton, erschreckenden Momenten und düster-geladener Stimmung. Zu Recht sagt sie über ihre Paranormal Romance Trilogie, sie hätten „in der klassischen Jugendbuchabteilung nichts verloren“. Mehr dazu in ihrem Beitrag „Aufklärungsarbeit: Scherbenmond ist kein Jugendbuch!“ auf ihrer Website.

Charaktere


Es war ein diffuser, völlig süchtig machender Geruch. Manchmal dachte ich, dass schöne Erinnerungen so duften müssten. Ein Parfum aus alldem, was ich bisher an guten Dingen erleben durfte. (Seite 559)

Elisabeth Sturm, beziehungsweise Ellie, hat mich auf den ersten 200 Seiten etwa beinahe den letzten Nerv gekostet. Sie ist so naiv, dass es war kaum auszuhalten war. Wie bereits gesagt, wird sie ständig von bleierner Müdigkeit überwältigt und das kommt ihr nicht ansatzweise komisch vor. Sie spricht es nicht einmal ihren Eltern gegenüber an. Darüber hinaus geschehen noch andere sonderbare und unerklärliche Dinge mit ihr, die sie nicht zu verwundern oder zu sorgen scheinen. Aus diesem Grund wirkte sie auf mich sehr nachlässig. Es dauerte, bis sich Ellie zu einem Charakter entwickelte, in den ich mich einfühlen konnte. Doch sie wird aktiver, neugieriger, kämpferischer und katapultierte sich damit direkt in mein Herz.

Auch Colin berührte mich nicht von Anfang an. Zu seiner Verteidigung muss ich aber anführen, dass er zu Beginn auch sehr wenig Raum einnimmt. Er spricht kaum und seine Handlungen sind nicht nachvollziehbar. Das hat es mir schwer gemacht. Dennoch konnte ich eine gewisse Neugier da schon nicht leugnen, so dass ich „an ihm dranblieb“, ebenso wie Ellie, die immer wieder unermüdlich den Kontakt zu ihm sucht.

Anfangs also waren mir die Charaktere zu leblos und undefiniert, entweder sie schliefen oder sie verhielten sich eigenartig. Doch ich las auf Erklärungen hoffend weiter. Dass mich in diesem Moment die Geschichte schon fest im Griff hatte, bemerkte ich erst viel später. Denn gerade das macht den Reiz der Charaktere und der ganzen Geschichte aus: Sie ist nicht durchschaubar, nicht direkt zugänglich, sie hat ihre Tücken und geheimen Winkel, die man sich als Leser erstmal erobern muss, bevor sich die Schönheit von „Splitterherz“ auftun kann.

Schreibstil


„Den Trab wirst du noch nicht aussitzen können. Ich wechsle sofort in den Galopp“, informierte er mich sachlich über meinen bevorstehenden Tod. (Seite 481)

Der Schreibstil passt zu der trägen Entwicklung der Geschichte. Bettina Belitz lässt Ellie erzählen, langsam und bedächtig, aber auch mit einem warmen Humor an den passenden Stellen. Es gibt wunderbare Zeilen, die mich noch jetzt zum schmunzeln bringen, wenn ich an sie denke. Ganz besonders gelingt es Belitz aber über die Beschreibung von Natur und Naturgewalten eine dichte Atmosphäre aufzubauen – beklemmend und irgendwie losgelöst von der Wirklichkeit. Traumtänzerisch, möchte ich es am liebsten beschreiben.

Fazit


Es gibt ein Zitat, das sehr treffend beschreibt, wie es mir beim Lesen von „Splitterherz“ erging: „As he read, I fell in love the way you fall asleep: slowly, and then all at once.“ (The Fault in our Stars, John Green) Nur langsam fand ich Zugang zu dieser Paranormal Romance im Westerwald, die Neugier und Faszination wuchs im Zeitlupentempo. Doch kaum hatte ich den Zugang, war es um mich geschehen. Rückwirkend betrachtet ist das Buch von Anfang an hervorragend und mich kribbelt es schon in den Fingern, wann immer ich Band 2 in meinem Regal über den Weg laufe. Wunderbar, magisch-düstere Unterhaltung, die nicht den gewohnten Mustern dieses Genres folgt.

Die Splitterherz-Reihe


Über Bettina Belitz


Bettina Belitz, geboren 1973 in Heidelberg, verliebte sich schon früh in die Magie der Buchstaben. Lesen allein genügte ihr bald nicht mehr – nein, es mussten eigene Geschichten aufs Papier fließen. Nach dem Studium arbeitete Bettina Belitz als Journalistin, bis sie ihre Leidenschaft aus Jugendtagen zum Beruf machte. Heute lebt sie umgeben von Pferden, Schafen, Katzen und Hühnern in einem 400-Seelen-Dorf im Westerwald und lässt sich von der Natur und dem Wetter zu ihren Romanen inspirieren.

Rezensionen anderer Blogger


12 Gedanken zu “[Rezension] „Splitterherz“ – Band 1 der Trilogie von Bettina Belitz

  1. Liebe Anna,

    ich freue mich riesig darüber, dass jemand meine Liebe für diese Buchreihe teilt. So ganz unter uns: Colin war meine ‚erste große Liebe‘, haha. 😀
    Ich finde es wahnsinnig toll wie viel Mühe, Arbeit und Herz in deine Rezensionen steckst.

    Ich lasse ganz liebe Grüße da
    Natascha.

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    1. Liebe Natascha,

      oh ich freue mich immer so sehr, Gleichgesinnte zu finden 🙂 🙂 Es gibt nicht viele, die diese Reihe so richtig gerne mögen. Ich war tief beeindruckt von der Atmosphäre, die ohne große Worte erzeugt wurde. Und Colin ist wirklich toll, vor allem, weil er nicht der typische „Jugendbuch-Bad Boy-Schwarm“ ist, sondern ein sehr komplexer, undurchsichtiger und teils sogar unsympathisch wirkender Charakter. Ich wäre ihm sicherlich genauso verfallen wie Ellie 😀 😉

      Viele liebe Grüße,
      Anna

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  2. Liebe Anna,

    Bettina Belitz hat mich mit ihrem „Splitterherz“ vor einiger Zeit auch schon verzaubert. Mir ging´s auch so, dass ich die Geschichte als sehr atmosphärisch empfunden habe und mir besonders die Westerwald-Beschreibungen sehr gut gefallen haben. 🙂 In der Nähe bin ich nämlich aufgewachsen und hatte somit einen speziellen Zugang zum Buch.

    Wenn du magst, dann sag mir Bescheid, wenn du Band 2 liest – da ich den auch noch nicht kenne und gerne lesen möchte. Vielleicht können wir uns dann wieder ein bisschen darüber austauschen?

    Ich wünsche dir einen guten Start in die Woche und – falls es dich auch betrifft – schöne Herbstferien!

    Lieben Gruß von Tina

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  3. Ich muss einfach sagen, dass ich deine Rezension unglaublich schön geschrieben finde und sofort wieder Lust auf die Reihe habe! Es ist ewig her, dass ich den ersten Teil gelesen habe, leider aus ich weiß gar nicht mehr welchem Grund genau, den zweiten nicht kaufen konnte und die Reihe deshalb in Vergessenheit geriet. Doch nach der schönen Rezi will ich den ersten auf jeden Fall noch einmal (er hat mir nämlich ebenso gut gefallen) und den zweiten anschließend ebenfalls lesen.
    LG Iri ^^

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